Klimaverträglich bauen, bei hohem Komfort mit möglichst wenig Technik – diesen Anspruch sollen Low-Tech-Gebäude erfüllen. Sie sind als bewusster Kontrapunkt zur zunehmenden Technisierung von Gebäuden zu verstehen. Bei geringerer Komplexität soll dennoch ein möglichst tiefer Energieverbrauch erreicht werden. Damit hat sich ein fünfjähriges Forschungsprojekt befasst, das die Plattform Kilmaschutz und Energie der Internationalen Bodensee-Konferenz (IBK) in Auftrag gegeben hat. Jetzt werden der Abschlussbericht und eine Fachpublikation vorgelegt.
Der Abschluss des Projektes „Konzepte für energieeffiziente, klimaverträgliche Low-Tech-Gebäude im Bodenseeraum" fällt in eine Zeit, in der die Zusammenarbeit über die Grenzen wichtiger ist denn je," so Fredy Fässler, Regierungsrat vom Kanton St.Gallen und Vorsitzender der IBK im Jahr 2021. „Gerade zur Minderung des CO2-Ausstoßes müssen wir gemeinsam handeln, also die Energieeffizienz weiter verbessern und den Umstieg auf erneuerbare Energien intensivieren. Dafür stehen auch die strategischen IBK-Ziele in der Klima- und Energiepolitik."
Internationale Kooperation fürs Klima
Zu deren Umsetzung hat die Plattform Klimaschutz und Energie der IBK-Kommission Umwelt dieses fünfjährige Projekt zu „Low-Tech"-Gebäuden in Auftrag gegeben. Der Lead-Partner, das Energieinstitut Vorarlberg und vier Projektpartner aus Baden-Württemberg (Energieagentur Ravensburg), Bayern (Energie- und Umweltzentrum Allgäu), St.Gallen (Energieagentur St.Gallen) und Liechtenstein (Universität Liechtenstein) arbeiteten dabei seit 2015 eng zusammen. Die Erkenntnisse wurden zum Abschluss des Projekts in einem Buch zusammengefasst. Finanziert wurde das Projekt von der Internationalen Bodensee-Konferenz (IBK) und dem Interreg-Programm Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein.
Einfacher und damit günstiger statt immer komplexer bauen
In heutigen Gebäuden sind viele technische Komponenten komplex zu steuern und verbrauchen bei der Herstellung „graue" (indirekte) Energie. Damit erhöhen sich nicht nur die Baukosten und der Gebäude-Energie-Bedarf, sondern auch die laufenden Betriebskosten. So müssen z.B. elektrisch angetriebene Bauteile regelmäßig gewartet, repariert und im Lebenszyklus eines Gebäudes teils mehrfach ausgetauscht werden.
„Dabei gibt es oft einfachere bauliche Lösungen, die den gleichen Zweck erfüllen," erklärt Jürg Senn, Vorsitzender der IBK-Plattform Kilmaschutz und Energie und Leiter der Energiefachstelle des Fürstentums Liechtenstein. Man habe einen bewussten Kontrapunkt zur immer stärkeren Technisierung von Gebäuden setzen wollen: Im Projekt wurden länderübergreifend und koordiniert Konzepte für Gebäude mit wenig Technik, also „Low Tech" analysiert und entwickelt, ohne aber auf hohe energetische Standards und weitgehende Reduktion von CO2-Emissionen oder Komfort zu verzichten – und alles bezogen auf den gesamten Lebenszyklus von Wohngebäuden und Nichtwohngebäuden.
Beitrag zum nachhaltigen Bauen in der Bodenseeregion
Jürg Senn hält das Projekt für ein gelungenes Beispiel der Zusammenarbeit im IBK-Raum, man könne mit Stolz auf die Ergebnisse blicken:
- Eine Fachgruppe aller Partner erstellte ein länderübergreifendes Anforderungsraster für energieeffiziente Low-Tech-Gebäude.
- Darauf aufbauend wurden bestehende energieeffiziente Low-Tech-Gebäude im Bodenseeraum identifiziert und katalogisiert, inklusive Abgleich der unterschiedlichen Betrachtungsmaßstäbe.
- Zusätzlich begleitete, dokumentierte und validierte jeder Partner über drei Jahre hinweg Planung und Bau von je zwei Pilotgebäuden, darunter ganz verschiedene Gebäudetypen wie Wohnbauten, Schulen, Dienstleistungs- und Verwaltungsbauten.
- Daraus entstanden Dokumentationen und Empfehlungen für zielführende Anforderungen an Neubauten und Generalsanierungen, die in dem Buch „Low-Tech Gebäude -Prozess-Planung-Umsetzung" zusammengefasst wurden.
Präsentation des Fachbuchs beim 8. Energiekongress
Das Buch „Low-Tech Gebäude - Prozess-Planung-Umsetzung" ist quasi ein Leitfaden zur Realisierung von Low-Tech Gebäuden. Es macht die Erfahrungen aus dem gemeinsamen Projekt für eine breite Zielgruppe wie Architekten und Bauherren nutzbar. Es beschreibt zahlreiche Low-Tech-Komponenten und Ansätze, gibt Hinweise zur Entscheidungsfindung und Umsetzung sowie Empfehlungen durch den ganzen Planungsprozess bis zum anschließenden Monitoring. Das Fachbuch ist so aufgebaut, dass es als Nachschlagewerk in den jeweiligen Planungsphasen verwendet werden kann.
Die öffentliche Präsentation des Buches erfolgt im Rahmen des 8. St.Galler Energiekongresses 2021, der unter dem Titel «Auf direktem Weg zur Klimaneutralität – aber wie?» firmiert. Das Low-Tech-Buch wird dort im Rahmen einer Online-Session am Mittwoch, 30. Juni von 16.30 Uhr bis 17.45 Uhr präsentiert. Zielgruppen sind Behördenmitglieder aus Gemeinden, Städten, Kantonen und Bund, Umwelt- und Energiebeauftragte der öffentlichen Verwaltung, private Energie und Umweltberatende, Energieversorgungsunternehmen sowie Gewerbe und Industrie oder interessierte Bauherren. Der Zugang erfolgt passwortgeschützt unter www.energiekongress.ch. Interessenten können sich ab sofort über diese Website anmelden. Die Teilnahme ist kostenlos.
Weitere Informationen zum Low-Tech-Projekt und zum Low-Tech-Buch stehen auf der Homepage der IBK unter
www.bodenseekonferenz.org/klimaschutz zur Verfügung.