Die Internationale Bodensee-Konferenz (IBK) verleiht seit 1991 Förderpreise in wechselnden Kultursparten, im Jahr 2021 in der Sparte «Textile Materialien – ihre Konzepte und Verarbeitungen». Die sieben mit jeweils 10’000 Schweizer Franken dotierten Preise sowie ein Jugendjury-Preis über 3’000 Schweizer Franken wurden heute im Kunst- und Kulturhaus Verrucano in Mels (SG) vom aktuellen IBK-Vorsitzenden, Regierungsrat Fredy Fässler, überreicht. Zur Preisverleihung erscheint eine digitale Broschüre.
„Die Preisträgerinnen und Preisträger, die einen IBK-Förderpreis erhalten, gehen bei der Entwicklung und Anwendung von textilen Materialien neue Wege. Sie sind kreativ und innovativ und verbinden Design mit Aspekten der Nachhaltigkeit und der Digitalisierung," so Fredy Fässler Regierungsrat des Kantons St.Gallen und IBK-Vorsitzender 2021. Er freue sich sehr, dass in diesem Jahr wieder eine feierliche Preisverleihung in Präsenz möglich sei. Gerade in dieser herausfordernden Zeit möchte die IBK das Schaffen von Künstlerinnen und Künstlern in der Bodenseeregion bewusst würdigen. Mit dem heutigen Anlass feiere man zudem nicht nur die Preisträgerinnen und Preisträger, sondern auch 30 Jahre IBK-Förderpreise.
Interdisziplinäres Arbeiten für nachhaltige Lösungen
Die diesjährige Juryvorsitzende, Ursula Badrutt, Leiterin Kulturförderung des Kantons St.Gallen, erläuterte zur diesjährigen Sparte: „Gesucht waren Einzelpersonen oder Kollektive, die die unterschiedlichen Disziplinen textiler Entwicklungsprozesse miteinander verschmelzen." Digital agierende Designschaffende und handwerklich Praktizierende können voneinander profitieren. In der Kooperation werden Lösungen für neue Arbeitsformen, zukünftige Mobilität oder gar medizinische Fragen gefunden und wichtige Impulse für eine ökologisch, ökonomisch und sozial verträgliche Kreislaufwirtschaft gesetzt, so steht es im Intro der digitalen Broschüre über die Preisträgerinnen und Preisträger.
Textile Innovationen haben Tradition
Mit dem Thema „Textile Materialien" wird auch ein wichtiges Stück Geschichte – aber auch Gegenwart und Zukunft – der Bodenseeregion in den Fokus gerückt. „Es ist folgerichtig für den auch historisch von der Textilwirtschaft geprägten Bodenseeraum, dass sich die Kommission Kultur der IBK in diesem Jahr für eine Sparte entschied, die für gewöhnlich nicht Gegenstand der Kulturförderung ist: Textile Materialien, ihre Konzepte und Verarbeitungen", so Roland E. Hofer, Vorsitzender der IBK-Kommission Kultur, Leiter der Fachstelle für Kulturfragen des Kantons Schaffhausen.
Sieben Förderpreise für Einzelpersonen und Kollektive
Eine internationale Jury mit Expertinnen und Experten im Fachbereich Textil und Material hat aus insgesamt 17 Nominationen die Preisträgerinnen und den Preisträger der diesjährigen IBK-Förderpreise ausgewählt. Die sieben mit je 10‘000 Schweizer Franken dotierten Förderpreise 2021 gehen an:
Annina Arter, nominiert vom Kanton St.Gallen, Auszug aus der Jurybegründung: „[…] Die Arbeiten verbinden zeichnerische, malerische und digitale Elemente zu lebendigen Konstellationen, die sie immer wieder variiert und neu interpretiert. […] Annina Arters Freude am Materialisieren überträgt sich sehr direkt auf die Produkte und ihr eigenständiger Umgang mit unterschiedlichen Inspirationsquellen führt sie zu unkonventionellen Ideen, die sie stilsicher interpretiert und umsetzt. […]"
Livia Rita Heim, nominiert vom Kanton St.Gallen, Auszug aus der Jurybegründung: „[…] Textilien spielen in ihrer Kunstpraxis eine zentrale Rolle, es geht jedoch ebenso um Emotionen, um Sound, um Sets und Bewegung. Livia Ritas „Art-Fashion" ist Teil eines forschenden, neugierigen und umtriebigen Modediskurses, der nichts weniger zum Ziel hat, als die Branche zu revolutionieren und die Grenzen von „Fast Fashion" zu brechen. […]"
Christian Hersche, nominiert vom Kanton Appenzell Innerrhoden, Auszug aus der Jurybegründung: „[…] Die Umsetzung von Farben, Design und Silhouetten mittels digitaler Medien gelingt ihm stets perfekt. Er vermag es, mit präzise gesetzten Abweichungen vom Gewöhnlichen unsere Aufmerksamkeit zu schärfen. Dabei setzt er interessante Impulse für die Mode im urbanen Umfeld, tastet sich mit spielerischer Neugier über die Gegenwart hinaus und sucht auf überzeugende Weise zukünftige Entwicklungen zu skizzieren. […]"
Annika Klaas, nominiert vom Baden-Württemberg, Auszug aus der Jurybegründung: „Annika Klaas’ Arbeiten beeindrucken durch ihre Interdisziplinarität. Das Medium Strick zieht sich dabei wie ein roter Faden durch ihr Werk und schafft Verbindungen zu anderen kreativen Disziplinen. […]. So entdeckte sie für sich die Bereiche Mode, Kollektionsgestaltung, Schnittentwicklung sowie Schuhdesign. […] Seit dem Abschluss ihres Studiums beschäftigt sie sich als kreative Strickentwicklerin vermehrt mit dem Bereich Digitalisierung und sucht auch hier nach Möglichkeiten, Strickdesign neu zu denken. […]"
Selina Reiterer, nominiert vom Land Vorarlberg, Auszug aus der Jurybegründung: „Ausgehend von ihrer Begeisterung für traditionelles textiles Handwerk und Smart Technologies forscht die österreichische Textildesignerin Selina Reiterer an der Schnittstelle von Design und Kunst. Sie kreiert neue Perspektiven und schafft auf mannigfaltige Art Interaktionen mit dem Betrachter oder der Betrachterin: über taktile und visuelle Effekte; über berührungsempfindliche Sensoren, die in Klang umgewandelt werden; oder auch mittels der elektrischen Leitfähigkeit von Textilien. […]"
Marie Schumann, nominiert vom Kanton Zürich, Auszug aus der Jurybegründung: „[…] Im wahrsten Sinne des Wortes löst sie Grenzen auf zwischen den Bereichen Kunst, Design, Objekt, Möbel, Hülle, Haut, Struktur, Form, Bild und Zeichnung. Das schafft viel Raum im Kopf, um Neues zu denken und zu erfinden. Das Weben ist die Technik, der Webmeister das Gegenüber. Auf den industriellen Webstühlen drückt Marie Schumann auch gern auf Knöpfe, die lange vor sich hingeschlummert haben. […] Marie Schumann schillert und oszilliert, verbindet Tradition mit unstillbarer, kecker Neugier. Das tut der Textilwelt gut.
Elisabeth von der Thannen, nominiert vom Land Vorarlberg, Auszug aus der Jurybegründung: „[…] Die Jury war begeistert von ihrer collagenhaften Arbeitsweise, die komplexe Bezugsmomente zwischen Materialien, Inhalten und Design aufweist. Ihre Arbeit stellt eine zeitgemäße Interpretation althergebrachter Materialien und Formen dar. Inspiration schöpft sie aus unterschiedlichen Quellen. […] Elisabeth von der Thannen ist eine aufmerksame Beobachterin, die mit unterschiedlichsten textilen Materialitäten und Techniken experimentiert – und sie tut es mit Bravour."
Individuelle Präsentation – digital und haptisch
Der Anlass fokussierte stark auf die vielfältige Erfahrung mit Materialien. So stellten die Ausgezeichneten ihre individuelle Beziehung zum Textilen mit Musik oder Geräuschen und kurzen persönlichen Texten dar. Und die diesjährige digitale Publikation wurde von einer kleinen Tasche begleitet, die speziell für die IBK-Förderpreise 2021 von Designerin Zuzana Ponicanova entworfen und teilweise aus Materialien gefertig wurde, welche die Preisträgerinnen und Preisträger zur Verfügung gestellt haben.
Förderpreise der IBK
Die Förderpreise der IBK werden seit 1991 jährlich in wechselnden Sparten verliehen. Es können maximal sieben Preise in der Höhe von jeweils 10'000 Schweizer Franken vergeben werden. Ausgezeichnet werden Personen im Alter bis zu 40 Jahren mit einem herausragenden Potential im jeweiligen Kulturbereich. Jedes Mitgliedsland der IBK – Baden-Württemberg, Bayern, Liechtenstein, Vorarlberg, die Kantone St.Gallen, Thurgau, Schaffhausen, Zürich sowie Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden (gemeinsam) – hatte die Möglichkeit, maximal zwei Nominationen vorzuschlagen. Die Nominierten müssen auf dem Gebiet des nominierenden Landes oder Kantons wohnhaft sein oder dort ihren Produktionsort haben oder zumindest einen biografischen Bezug zur Bodenseeregion aufweisen.
Durchgeführt wurde die Jurierung in 2021 vom Amt für Kultur Kanton St.Gallen. Verantwortlich für die Förderpreisvergabe ist die IBK-Kommission Kultur, welche unter dem Vorsitz des Kantons Schaffhausen steht. Der Jury gehörten an: Barbara Karl (St.Gallen), Selma Grabher (Vorarlberg), Jenni Tschugmell (Fürstentum Liechtenstein), Ly-Ling Vilaysane (Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden), Martina Ziegenthaler (Bayern), Marina Baum (Baden-Württemberg), Vreni Spieser (Zürich), Martin Leuthold (Thurgau) und Helena Ulrich (Schaffhausen).
Zusätzlicher Preis der Jugendjury vergeben
Zum zweiten Mal vergab die IBK-Projektgruppe Jugendengagement einen zusätzlichen Preis in der Höhe von 3'000 Schweizer Franken. Die Jury bestand aus Tanita Bürge (für den Vorsitzkanton St.Gallen), Felix Wernli (für die Schweizer IBK-Kantone), Evita Demetria Williams James (für die deutschen IBK-Mitglieder), Valentin Biedermann (für Liechtenstein), Naomi Keiffenheim (für Vorarlberg). Den Vorsitz der Jugendjury hatte Ruth Haefelin von der IBK-Projektgruppe Jugendengagement, Stabsstelle Regierungssekretär des Fürstentums Liechtenstein inne. Der diesjährige Preis der Jugendjury geht an Pauline Schafferus, nominiert vom Kanton Schaffhausen.
Pauline Schafferus, nominiert vom Kanton Schaffhausen, Auszug aus der Jurybegründung: „Für Pauline Schafferus sind die Grenzen zwischen den Geschlechtern fließend, und das drückt sie auch in ihrer Mode aus. Fließend ist auch der Übergang vom Entwurf auf dem Papier zum geschneiderten und am Körper getragenen Gewand, dem die Künstlerin eine besondere Aufmerksamkeit widmet. […] Wir haben Pauline Schafferus als eine interessante Denkerin wahrgenommen, die sich nicht nur für technische Aspekte des Designs interessiert, sondern sich auch bewusst außerhalb gesellschaftlicher Normen bewegt und so ein Werk von großer Eigenständigkeit schafft. […]"
Weitere Auskünfte erteilt Ursula Badrutt, Leiterin Kulturförderung Kanton St.Gallen, Telefon: +41 (0)58 229 38 73, Mail:
Ursula.Badrutt@sg.ch