Unter dem Motto „Die Zukunft liegt in unserer Hand!" strömten heute 800 Teilnehmende aus allen Teilen der Bodenseeregion nach Lindau. In acht Diskussionsrunden diskutierten sie untereinander und mit 25 Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Verwaltung zu aktuellen gesellschaftlichen Themen. Zum Programm gehörten auch Workshops über soziale Beziehungen, Interkulturelle Kompetenz und den Umgang mit sozialen Netzwerken im Internet. 40 Projekte aus der Bodenseeregion zeigten beispielhaft, wie man sich wirkungsvoll engagieren kann. Die Ergebnisse werden nun vom jugendlichen Vorbereitungsteam für einen Auftritt am Österreich- und bodenseeweiten Nachhaltigkeitsgipfel im Herbst in Dornbirn aufbereitet.
Sozialkapital im Fokus
In seiner Begrüßungsansprache betonte Hermann Strampfer, Regierungspräsident von Tübingen und Vorsitzender der Projektsteuerungsgruppe der Bodensee Agenda 21, wie wichtig es sei, mit Jugendlichen in den Dialog zu treten und ihnen eine Stimme zu geben. Denn sie sind diejenigen, die mit den Folgen der Entscheidungen von heute umzugehen haben und die eines Tages selber die Zukunft gestalten werden. Allen Anwesenden rief er die zentralen Fragen dieses Tages ins Bewußtsein: „Wie wollen wir heute leben? Und wie können wir unsere Gesellschaft so gestalten, dass sie und anderen Gesellschaften und Völker eine lebenswerte Zukunft haben?"
Anschließend erläuterten Vertreter des jugendlichen Vorbereitungsteams dem Publikum, was es mit dem Begriff „Sozialkapital" auf sich hat. Dabei geht es um Vertrauen, Beziehungen und Beziehungsnetze – zwischen Jugendlichen und Erwachsenen, zwischen verschiedenen Vereinen und Organisationen, zwischen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen oder auch zwischen Wirtschaft und Politik.
Bodenseeweite Umfrage unter Jugendlichen
Um dies weiter zu veranschaulichen stellten Schülerinnen und Schüler der Wirtschaftsschule Humpis in Ravensburg die Ergebnisse ihrer Umfrage zu den Lebensgewohnheiten von 900 Jugendlichen aus Vorarlberg, St.Gallen und den Landkreisen Ravensburg und Lindau vor. Ein interessantes Ergebnis ist beispielsweise das Verhältnis von digitalen Freunden auf Kontaktplattformen und Freunden im realen Leben. Hierbei beträgt der Durchschnitt der Antwortenden 230 zu 24. Die häufigsten Freizeitbeschäftigungen der befragten Jugendlichen waren mit 29,1% „Unternehmungen mit Freunden", Musik hören (16,1%) und Mannschaftssport (12,4). Knapp 5% sind in Vereinen und/oder ehrenamtlich tätig. Etwa gleichlange Zeiten (ca. 1,3h) werden täglich für die Aktivitäten „Freunde treffen", „Lernen" und „Fernsehen aufgewendet". Im Internet sind die befragten Jugendlichen durchschnittlich anderthalb Stunden pro Tag, von denen sie gut die Hälfte zum „Chatten" verwenden.
Aus den Umfrageergebnissen und dem Vorbereitungsprozess zogen die Jugendlichen für sich zwei wichtige Schlussfolgerungen: „Wahre Freunde, die einen auch mal in den Arm nehmen sind am wichtigsten", „zum Aufbau von Beziehungen braucht es Zeit" und „Es stimmt schon, wenn man irgendwo engagiert ist und mitmacht, wie z.B. im Jugendclub oder bei den Vorbereitungen zum Jugendgipfel wird man zwar nicht reicher, aber es bereichert wirklich!". Ergebnisse wie diese werden die jungen Leute weitergeben, etwa als Beitrag auf einer internationalen Konferenz über Sozialkapital als Kitt der Gesellschaft, die im Herbst anlässlich des 6. österreichischen LA21-Gipfels in Dornbirn stattfindet.
Wortgefülltes Atrium im Sonnenschein
Anschließend ging es in die Diskussionsrunden, die die Jugendlichen der Vorbereitungsgruppe selbst moderierten und dazu anschauliche Einführungsvorträge hielten. Politiker und Fachleute aus allen Regionen, vielen Fachgebieten, aus Gemeinden, Kreisen, Kantonen und Bundesländern setzen sich in immer unterschiedlicher Zusammensetzung mit insgesamt vier Themen auseinander: Kommunikation im Internet, Sozialkapital in der Schule, Amokläufe und Treffpunkte & Veranstaltungen. Die kommunikative und inspirierende Arena für dieses Schauspiel bot das Atrium in der Tanner-Denkfabrik in Lindau. Die Vize-Bürgermeisterin und Stadträtin aus Feldkirch Erika Burtscher fasste am Beispiel der Treffpunkte und Veranstaltungen sehr gut zusammen, worum es geht: „Müll, den hinterlassen Erwachsene auch nach einem Fußballspiel. Das Problem sind die Spielregeln. Die muss man miteinander ausmachen – und dazu muss man miteinander reden."
Workshops, Filme und Spiele
Parallel gab es mehrere Workshops zu den Gipfelthemen, beispielsweise eine Einführung zum Thema Sozialkapital, zu interkultureller Kompetenz oder zum bewussten Umgang mit Sozialen Netzwerken im Internet. Wie sich Sozialkapital ganz praktisch anfühlt, konnten die Jugendlichen bei Vertrauensspielen der Erzieherschule Lindau Marienheim im Gartenbereich erleben und anschließend bei einem alkoholfreien Cocktail des Konstanzer Alkoholpräventionsprojektes b.free ihre Eindrücke austauschen.
40 Projekte am Markt der Möglichkeiten
Insgesamt 40 Projekte zu sozialen Themen kamen aus den Ländern und Kantonen der Bodenseeregion und präsentierten sich auf dem Markt der Möglichkeiten. Darunter waren beispielsweise „Infocklick Kinder- und Jugendförderung Schweiz" mit einem bunten Strauß von Unterprojekten, die „Streitschlichter" der Grafen-von-Zimmern-Realschule in Meßkirch oder die sozial engagierten Jugendlichen von „bre!AK" – Bregenz aktiv. Viele von ihnen boten interaktive Aktivitäten, Spiele und Filme oder stellten sich in eigenen Präsentationen vor.
Emsiges Gewusel
Überall, auf den Rängen des Atriums, an den Projektständen, in der Cafeteria und im Garten herrschte emsige Gewusel von Jugendlichen und Fachpersonen. Der direkte Kontakt zwischen den Teenagern und Fachleuten über die Landes- und Fachgrenzen hinweg machte den Jugendgipfel selbst zu einer Veranstaltung, die das Entstehen von Sozialkapital fördert.
Zum Abschluss brachten die mehrfach preigekrönten Breakdancer von der Floor Roc Kidz Dance School aus Dornbirn und Feldkirch den Saal noch mal zum Kochen. In ihrer Fazitrunde zeigten sich die Jugendlichen positiv überrascht vom Interesse der Politikerinnen und Politiker an ihren Anliegen. Der Schaffhauser Regierungsrat und Vorsteher des Erziehungsdepartementes Christian Amsler betonte, dass die Bedeutung des Begriffes „Sozialkapital" an diesem Tag eins zu eins vorgelebt wurde, und er sehr viel Diskussionsfreude, Kompetenz, positiven Zukunftsglauben und sehr gute Begegnungen erlebt habe. Er rief die Jugendlichen auf: „Nutzt die Chancen rund um den See! Wir sind ein Kulturraum und gehören zusammen!"
Weitere Auskünfte erteilt Herr Thomas Radke, IBK-Geschäftsstelle, Projektleiter Bodensee Agenda 21, Tel. +49 7531 527 22, Mobil +49 151 153 556 82