Bodensee-Informationsdienst Archiv

Grenzüberschreitende Forschung stärkt Lebens- und
Wirtschaftsraum Bodensee

Wie Technologie- und Strategie-Projekte in der IBH ineinandergreifen

Pressetext des IBK-Projektes Internationale Bodensee-Hochschule (IBH) vom 11.04.2011
 
In Mitteleuropa entfallen ca. 20 % des industriellen Stromverbrauchs auf den Betrieb von
Pumpensystemen. Durch eine intelligente Regelungstechnik kann ihr jährlicher
Strombedarf jedoch nahezu halbiert werden. Den Meilenstein zur Reduzierung des
Stromverbrauches setzt ein Projektteam, das im Verbund der Internationalen Bodensee-
Hochschule IBH gemeinsam forscht.
 
An einer jetzt errichteten Prototypanlage können Professorin Dr. Agathe Koller-Hodac
von der Hochschule Rapperswil und ihr deutscher Kollege Dr. Ralf Stetter von der
Hochschule Ravensburg-Weingarten neue mathematische Modelle und Verfahren
entwickeln, um die Effizienz der Industriepumpen zu verbessern. Die neuen Verfahren
können darüber hinaus beispielsweise ungewöhnliche Betriebszustände im
Pumpenkreislauf selbstständig erkennen und Gegenmassnahmen vorschlagen. Diese
Art der Regelungstechnik wird bereits erfolgreich in der Fahrzeugtechnik beispielsweise
beim elektronischen Stabiltätsprogramm, kurz ESP, eingesetzt und soll künftig auch dem
Umweltschutz dienen.
 
Als Industriepartner ist die Allweiler AG aus Radolfzell mit im Boot, die als weltweit
agierender Pumpenhersteller mit Erfahrung in der Entwicklung solcher intelligenter
Lösungen in der Regio Bodensee verankert ist und u.a. grosse Kraftwerksbetreiber und
Anlagenhersteller beliefert. „Eine solche kooperierte Entwicklung mit Förderung der IBH
verschafft den Betreibern von Industriepumpen einen entscheidenden Nutzen durch die
Verringerung von Energiekosten und Wartung und uns einen wichtigen
Wettbewerbsvorteil", so Stefan Kleinmann, Vice President und Mitglied der
Geschäftsleitung der Allweiler AG.
 
Regionaler Forschungsschwerpunkt „Energie, Umwelt, Mobilität"
Das Pumpen-Projekt ist Teil der Schwerpunktförderung „Energie, Umwelt, Mobilität", die
die Internationale Bodensee-Hochschule mit Unterstützung des
Regionalförderprogramms Interreg initiiert hat. Durch den engen Bezug zur Regio
Bodensee können EU-Gelder und Mittel der Ostschweizer Kantone, des Kantons Zürich
und aus dem Fürstentum Liechtenstein grenzüberschreitend in die nachhaltige
Regionalentwicklung investiert werden.
Während das Forschungsprojekt von Stetter und Koller-Hodac sich produktbezogen
neuen Lösungsansätzen zur Energieeffizienz widmet, erforscht ein weiteres IBH-Projekt
die Möglichkeiten einer energieautonomen Region. Dieses Projekt „Bodensee-Alpenrhein
Energieregion" (BAER) ist an der Universität Liechtenstein angesiedelt und untersucht
gemeinsam mit fünf interdisziplinären Teams aus IBH-Hochschulen, wie der Verzicht auf
fossile und atomare – also nicht-erneuerbare - Energieträger technisch und wirtschaftlich
machbar ist. Die Bodenseeregion dient hier als Modellregion für andere Landschafts-,
Siedlungs- und Wirtschaftsräume auf der ganzen Welt," erläutert Prof. Peter Droege,
BAER-Projektleiter an der Universität Liechtenstein. „Energieeffiziente Entwicklungen,
die den Stromverbrauch senken, wie etwa die der Kollegen aus Weingarten und
Rapperswil, sind massgeblich am Erfolg der Strategie beteiligt. „Ohne Sparmassnahmen
wie auch eine umfassende Strategie der gesellschaftlichen Suffizienz ist eine vollständig
erneuerbare Energieversorgung nur schwer denkbar", betont Droege, der Präsident von
Eurosolar und ein Gründungsvorsitzender des Weltrats für Erneuerbare Energien ist.
 
Hintergrundwissen Pumpen- Systeme
Der zunehmende weltweite Bedarf an elektrischer Energie und die immer wichtiger
werdende Schonung der Umwelt und Ressourcen stellt eine der grössten
Herausforderung für die Zukunft dar. Nach einer Studie der „Energy Information
Administration" wird sich der Bedarf an elektrischer Energie bis zum Jahr 2030 global
verdoppeln. Zur Förderung von Fluiden werden 4 % der weltweit erzeugten elektrischen
Energie verwendet. In Deutschland fallen 20 % des industriellen Stromverbrauchs auf
den Betrieb von Pumpen und Pumpensystemen. Durch die Optimierung von
Pumpensystemen können Schätzungen zufolge 30-50% des jährlichen Strombedarfs
eingespart werden.
Die Pumpenhersteller stehen in der Verantwortung, durch eine ganzheitliche
Forschungsstrategie und die gezielte Ausweitung der Forschungsaktivitäten sich den
Herausforderungen energie- und ressourcenschonender Fluidförderung zu stellen.
Forschungsarbeiten zur Überwachung, Steuerung, Regelung und zur
zustandsabhängigen Wartung bei Pumpensystemen, insbesondere auch unter Einsatz
von fortgeschrittenen Verfahren der Fehlererkennung und Diagnose, können hierzu
einen entscheidenden Beitrag leisten. Bei grossen Systemen der Verfahrens- und
Energietechnik werden fortgeschrittene Verfahren der Fehlererkennung und Diagnose,
wie z.B. der Einsatz partieller parametrischer Modelle, neuronaler Netze und von Fuzzy-
Logik, heute vielfach erfolgreich eingesetzt.
Fortgeschrittene Verfahren der Fehlererkennung und Diagnose von Pumpen basieren
häufig auf modellbasierten Verfahren. Durch die Anwendung ergeben sich grosse
Vorteile hinsichtlich der Transparenz und Robustheit der Prozesse. Darüber hinaus kann
die Effizienz der Prozesse durch fortgeschrittene Verfahren der Regelungstechnik
verbessert werden. Wartungsbedarf kann frühzeitig vorausgesehen und koordiniert
werden. An verschiedenen Stellen werden (Rechner-)Systeme entwickelt, die es
erlauben, fortgeschrittene Regelungs- und Diagnosealgorithmen effektiv und effizient
einzusetzen.
Eine zielgerichtete, systematische Adaption der Ansätze fortgeschrittener Regelung und
Diagnose auf Pumpensysteme war bisher nicht Gegenstand von Forschungsarbeiten
und ist demzufolge in der Industrie kaum realisiert. Die besonderen Herausforderungen
der Simulation der Vorgänge in einer Pumpe standen bisher einer Realisierung
entgegen, neue vereinfachte Verfahren und verbesserte Rechnerleistungen ermöglichen
heute die Realisierung.
Der Einsatz von fortgeschrittenen Verfahren in der industriellen Anwendung stellt keine
ausschliesslich technische Fragestellung dar. Vielmehr müssen detaillierte Kenntnisse
über die Erfordernisse der Kunden und des Marktes vorliegen.
 
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Internationale Bodensee-Hochschule, Regina Lautenschläger, Tel.: +41 (0)71-677 05 23
presse@bodenseehochschule.org www.bodenseehochschule.org
 
Zurück